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Interview Rheinische Post: „Es wird ein herausfordernder Winter“

Kaum ein Thema treibt die Politik in der Hauptstadt derzeit so um wie der drohende Energiemangel. Sie sind Wirtschaftspolitiker, vertreten den Kreis Kleve in Berlin. Worauf müssen wir uns wirklich im Herbst und Winter einstellen?


Die Energiepreise werden weiter steigen. Viele Menschen spüren das bereits jetzt sehr deutlich in ihrem Geldbeutel. Und einige wissen nicht, wie sie ihre hohen Rechnungen am Ende des Winters bezahlen sollen. Massive Preiserhöhungen vor allem bei Erdgas treffen nicht nur die privaten Haushalte, sondern auch die Unternehmen, in denen Gas nicht nur zum Heizen sondern auch in industriellen Prozessen verwendet wird. Wenn Russland nicht mehr ausreichend Gas liefert und die Bundesregierung nicht schnell genug Alternativen schafft, kann es zu Versorgungsengpässen kommen – mit Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaft, auf viele Arbeitsplätze in unserem Land.


Was muss Ihrer Meinung nach jetzt passieren, um die Versorgung weiterhin zu gewährleisten?


Es wird ein herausfordernder Winter. Und ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie alle Maßnahmen ergreift, um die Versorgung mit Erdgas und Strom sicherzustellen, ideologiefrei und ohne Tabus. Das gilt für den Ausbau erneuerbarer Energien, den zügigen Bau von Flüssiggas-Terminals, für die weitere Nutzung von Kohlekraftwerken und längere Laufzeiten von Kernkraftwerken. Momentan ist vor allem Erdgas knapp. Aber wir erzeugen hierzulande immer noch 10-15 Prozent des Stroms mit diesem Energieträger. Die Bundesregierung hat es in der Hand. Sie kann in einer solch schwierigen Lage die Kernkraftwerke so lange am Netz lassen, bis die Energiekrise überwunden ist. Das würde uns erheblich helfen, Erdgas in den Bereichen einzusetzen, wo es viel dringender benötigt wird. Ich bin ein Freund des pragmatischen Vorgehens. Und es geht jetzt darum, die Energieversorgung sicherzustellen und die Bürgerinnen und Bürger nicht noch weiter zu belasten. Deshalb ist Robert Habecks Gasumlage der völlig falsche Weg.


Die CDU befindet sich währenddessen in der Opposition. Ist die Partei schon in der Rolle angekommen?


Auch wenn die Regierungsbank mehr Gestaltungsmöglichkeiten bietet: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist in ihrer neuen Rolle angekommen. Wir konnten die Entscheidungen der Bundesregierung an verschiedenen Stellen in die richtigen Bahnen lenken. Dazu haben auch unsere klaren und unmissverständlichen Positionierungen, etwa zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beigetragen. Klare Aussagen, die man vor allem bei der Kanzlerpartei SPD vermisst hat. So haben wir deutlich gemacht, dass die Ukraine den Krieg gewinnen, mit deutschen Waffenliegerungen unterstützt werden muss. Wir haben uns sehr deutlich für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr ausgesprochen. Und wir haben in der Energiepolitik eingefordert, dass alle Optionen auf den Tisch müssen, soziale Belange nicht hinten rüber fallen dürfen. Der Ernst der Lage erfordert ein viel entschlosseneres und schnelleres Handeln der Bundesregierung. Aber genau das lässt die Ampel vermissen.


Silke Gorißen hat ihr Amt als Landrätin niedergelegt, um Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu werden. Für fast alle kam der Schritt überraschend - können Sie ihn nachvollziehen?


Die Berufung ist eine Auszeichnung für Silke Gorißen und ich bin überzeugt davon, dass sie auch in ihrer neuen Rolle einen hervorragenden Job machen wird. Sie ist prädestiniert dafür, weil sie aus einem der am stärksten landwirtschaftlich geprägten Kreise in Nordrhein-Westfalen kommt. Dass sie politisch geschickt agieren kann, hat sie in ihrer Rolle als Landrätin unter Beweis gestellt. Und was kann es für uns Besseres geben als eine Landwirtschaftsministerin aus dem Kreis Kleve, die unsere Region im Kabinett vertritt? Der Kreis Kleve ist in Düsseldorf nun das erste Mal seit 2010 wieder mit einem Ministeramt vertreten. Darauf können wir auch als Kreispartei stolz sein. Und das ohnehin schon wichtige Thema Landwirtschaft hat angesichts des Kriegs in der Ukraine noch an Brisanz gewonnen. Ich bin mir sicher, dass Silke Gorißen einiges bewegen wird.


Vor welchen Herausforderungen sehen Sie die Landwirtschaft im Kreis Kleve in den kommenden Jahren?


Durch den Krieg in der Ukraine hat sich noch einmal gezeigt, wie wichtig eine leistungsfähige heimische Landwirtschaft ist. Wir sehen, wie sich die Krisen – der Klimawandel, die Corona-Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg – auf die Lebensmittelpreise auswirken. Damit wird die Versorgungssicherheit in den kommenden Jahren eine noch größere Rolle spielen. Gleichzeitig wird die Politik aufgefordert sein, die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft stärker zusammen zu denken. Es geht hier um ein gutes Miteinander, kein Gegeneinander. Damit bei uns landwirtschaftliche Betriebe eine Zukunftsperspektive haben, benötigen sie Verlässlichkeit und Planungssicherheit, also Rahmenbedingungen, die dauerhaft Bestand haben und nicht in jeder Legislaturperiode verändert werden.


Steigende Preise im Supermarkt auf der einen, drohender Energiemangel auf der anderen Seite. Wie sehr wird uns bei diesen Fragen die Corona-Pandemie im Winter noch beschäftigen?


Eine pauschale Antwort darauf zu geben, fällt schwer. Ich kann nicht ausschließen, dass wir in diesem Herbst oder Winter noch einmal eine Mutation bekommen, die uns komplett neu denken lässt. Ich persönlich glaube aber, dass wir im Winter eher über Themen wie Energiesicherheit sprechen werden, damit unsere Heizungen nicht kalt werden. Der Schrecken der Pandemie ist bei vielen Menschen nicht mehr so groß wie noch vor zwei Jahren. Wir haben in Deutschland mittlerweile eine relativ hohe Impfquote und kommen zunehmend in eine endemische Lage. Dennoch müssen wir wie in den vergangenen Jahren davon ausgehen, dass im Herbst und Winter die Corona-Zahlen wieder steigen. Fraglich ist jedoch, ob wir dann an den strengen deutschen Quarantäne-Regeln festhalten wollen, wenn die Fallzahlen in den Krankenhäusern stabil bleiben. Ich halte das für schwierig, auch weil uns die Quarantäne bedingten Personalausfälle in der Wirtschaft erheblich zu schaffen machen. Wir werden noch viele Jahre mit der Corona-Pandemie zu tun haben. Und deshalb müssen wir endlich wieder auf den Weg der Normalität zurückfinden.


Am 27. November wird im Kreis Kleve ein neuer Landrat gewählt. Der Wahlkampf rollt langsam an. Wie spannend wird der politische Herbst am Niederrhein?


Die Kreis Klever CDU kann mit Selbstbewusstsein in diesen Wahlkampf gehen. Wir haben mit Christoph Gerwers einen Kandidaten, der für Kompetenz und Zuverlässigkeit steht. Er hat als Bürgermeister der Stadt Rees und Vorsitzender der Bürgermeisterkonferenz hervorragende Arbeit geleistet. Die Herausforderungen der kommenden Jahre werden groß. Da benötigt es einen Landrat, der auch mit seinem Fachwissen den Kreis Kleve in die Zukunft führen kann.


Das Interview führte Ludwig Krause.


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